Arminius by Sebastian Fleming
Autor:Sebastian Fleming [Fleming, Sebastian]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-11-22T16:00:00+00:00
21
Mehr als einmal dachte Germanicus auf seiner langen Reise nach Rom an die junge Frau, die er beim Fest des Saturninus kennengelernt hatte. Er erinnerte sich an ihre blauen Augen, die klar waren wie das Meer zwischen Baiae und Capri und an ihre sinnliche Figur, die aber nicht zu zerflieÃen drohte. Das altrömische Ideal waren kleine Brüste, die man zu formen suchte, indem die Töchter der Ritter und Senatoren von klein auf mit festen Brustwickeln traktiert wurden, und ausladende gebärfreudige Becken. Eldas Busen jedoch würde wunderbarerweise seine Hände füllen, während ihre Statur fast knabenhaft schlank war. Diese cheruskische Wirklichkeit gefiel ihm weit besser als das altrömische Ideal.
Das alles aber wurde gekrönt durch Eldas natürliche Ausstrahlung. Germanicus hatte genügend junge Mädchen und reife Frauen aus bedeutenden Häusern gehabt, als dass ihm irgendein Wunsch unerfüllt geblieben wäre. Doch die kulturelle Raffinesse, gepaart mit Durchtriebenheit und Dünkel, erweckten bei ihm bestenfalls nur noch Langeweile. Immer häufiger dachte er an seinen Vater Drusus, dessen Ruhm und Beliebtheit beim Volk ebenso auf ihn, auf seinen Sohn, übergegangen waren wie der Ehrenname Germanicus. Voller Liebe und Sehnsucht rief er sich ins Gedächtnis, dass seine Eltern eine glückliche Ehe geführt hatten. Gleichzeitig kam ihm die katastrophale Ehe seines Onkels und nunmehr Adoptivvaters Tiberius mit Julia in den Sinn, die längst geschieden worden war.
Germanicus spürte, dass mit Elda eine Ehe, wie sie seine Eltern geführt hatten, möglich wäre. Natürlich konnte er nicht darauf hoffen, als Spross des ersten Hauses des Reiches eine Germanin heiraten zu dürfen. Aber er konnte es nicht leugnen â er sehnte sich auch körperlich nach ihr. Wenn er schon das eine nicht haben dufte, musste ihm das andere ja nicht unbedingt verwehrt bleiben. Und was war mit Arminius, seinem Freund? Ach der, der trug nur ein Bild aus Kindertagen in seiner Brust, das nichts mehr mit der erwachsenen Frau zu tun hatte.
Man würde sehen, wie die neue Provinz sich entwickelte. Unter politischen Aspekten konnte es sogar sinnvoll sein, dass Germanicus eine Germanin ehelichte. Und es waren allein politische Gründe, die für Augustus bei einer Ehe zählten. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr Hoffnung schöpfte Germanicus, Elda eines Tages vielleicht doch noch zu gewinnen. Er musste nur klug genug vorgehen. Wie von ungefähr kam ihm ein Vers seines älteren Freundes Ovid in den Sinn: »Jeder, der liebt, ist Soldat, und sein eigenes Lager hat Amor.« Ein Soldat war Germanicus und ein Liebender zugleich, also durfte ihm Amor das Lager nicht vorenthalten.
Als er nach einer knappen Woche endlich die Kuppeln und Türme Roms erblickte, wurde es ihm warm ums Herz, und er spürte wieder einmal, wie sehr er die germanischen Wälder hasste. Seine wahre Sehnsucht aber galt dem Osten, dort, wo Dichtung und Philosophie und Wissenschaft ein lebendiges Dasein führten. Selbst sein geliebtes Rom war im Vergleich dazu geistige Provinz. Zwar gab es in seinem Zuhause fähige Juristen, gerissene Politiker, begnadete Schlachtenlenker, aber nicht einen Philosophen, der es mit Platon aufnehmen konnte. Germanicus liebte seinen Vergil, seinen Horaz und vor allem die kunstvollen Verse Ovids
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